Friedrich Haller Verlag
Verlag für Philosophie und Literatur im Leben


    

Rezensionen


Rezension zu "Abrechnungen eines alten Mannes"

Bei dem Buchtitel "Abrechnungen eines alten Mannes" soll man an Kügelgens Bücher "Lebenserinnerungen" und "Jugenderinnerungen eines alten Mannes" denken, die im neunzehnten Jahrhundert der falschen Zeitrechnung aufgrund ihrer versöhnlichen "Genrehaftigkeit", in der jeder noch die "guten alten Zeiten wiedererkannte", ein Bestseller des biederen deutschen Bürgertums waren und der deutschen Seele geschmeckt haben mochten, wie eine Schachtel Pralinen.
Da aber im einundzwanzigsten Jahrhundert der falschen Zeitrechnung Kügelgens Werke für niemanden mehr ein Begriff sind, hat der Haller-Verlag den Umschlag des Buches mit einem Photo gestaltet, das einen Schreibtisch mit den üblichen Utensilien des neunzehnten Jahrhunderts zeigt und eben die genannten Bücher Kügelgens, den das Alter versöhnlich und weich gemacht hatte. Wir können uns vorstellen, wie der Leser des einundzwanzigsten Jahrhunderts behaglich in seinem Fauteuil vor dem künstlichen Kamin sitzt und sich von der gemütlichen Atmosphäre des Buchdeckels der "Abrechnungen" anstecken lässt, erwartend, von den guten alten Zeiten zu lesen, als noch alles irgendwie "besser" war, und sogar gerne bereit ist, die eine oder andere nicht ernst gemeinte Ermahnung einzustecken, lächelnd und ein wenig den Kopf wiegend. Ja ja, die Philosophen haben gut reden…

Wenn Nietzsche mit dem Hammer philosophiert, dann ist das, was der Leser erfährt, wenn er Hallers "Abrechnungen" liest, ein philosophisches Kettensägenmassaker. Es werden die allermodernsten Götzen zersägt; es fliegen munter die Fetzen: Deutschland, seine Behörden (insbesondere die Jugendämter) und Institutionen, Medien und Journaille, Emanzipation und Wissenschaft, die Christen und Juristen, sie alle sinken in ihrer Nichtswürdigkeit vor der Kettensäge nieder. - Ja, natürlich schreibt hier ein Autor, der ein Leben lang durch das, was er da in Stücke fetzt, traumatisiert wurde. Und hier liegt vielleicht eine Gefahr: Dass sich Leser mit dem Argument, die zersägten Götzen seien in ihrer Problematik Hallers Privatangelegenheit, in die Gleichgültigkeit verabschieden. Wer aber "gut liest", wird feststellen, dass die "Abrechnungen" nicht Hallers Privatrechnungen sind; das Trauma ist zwar der unmittelbare Anlass, nicht aber die Ursache. Die "Abrechnungen" sind keine tour de force privé: Ich zweifele an der Authentizität von Kügelgens Deutschlandbild. Haller zeichnet in jedem Fall ein authentisches Portrait Deutschlands: heute ist es eben eine Fratze!

In den fünf Kapiteln Recht, Staat, Rangordnung, Wertschätzung und Völker wird zwar mächtig abgeräumt, was wert ist, abgeräumt zu werden, Haller schenkt uns aber auch sein Rezept für den "Widerstand der Tat": Verweigerung, Sabotage, Subversion (Seite 5: "Ich für meinen Teil boykottiere die Moderne durch "Nichtbeteiligung", "Non-Cooperation", Verweigerung, zivilen Ungehorsam und gewaltlosen Widerstand."), die gesamte Palette des "gewaltfreien Widerstandes". Die Frage, warum der Widerstand gewaltfrei bleiben sollte, bleibt allerdings erst einmal unbeantwortet. Bei all dem Inferno der Totalabschlachtung, die keineswegs wie ein Amoklauf wirkt, sondern sehr kunstvoll durchkomponiert ist und die meisten Leser vermutlich in sprachloser Schockstarre zurücklässt, möchte ich auf die sehr vielen, äusserst feinsinnigen, achtsamen und geistreichen Stellen in dem Buch hinweisen. Auch hier erweist sich der Autor einfach als gebildeter Kenner der abendländischen Kultur, der weiss, was er schreibt. "Das Neue an mir ist, dass ich gar nichts Neues machen will. Etwas Neues machen zu wollen, diskreditiert einen Künstler. Es setzt ihn zu einem blossen Unterhaltungs- und Konsumkasper à la Picasso herab. Er wird Teil der seit zweitausend Jahren grassierenden Fortschrittsideologie." Mit einer solchen Sentenz diagnostiziert Haller, was zum Beispiel falsch läuft im modernen Kunst- und Kulturbetrieb, der fortschrittshörig den verrücktesten Innovationen hinterherhechelt. Dagegen setzt der studierte Ägyptologe das Weltbild der alten Ägypter, die mit ihrer Kultur das Leben als die Wiederholung von Kraft spendenden "ewigen" Ritualen feierten. So schliesst das Buch mit einer Handvoll Perlen aus der Ägyptologie ab. Einer der bedeutsamsten und schönsten Aphorismen ist für mich der Aphorismus 214, da er offenbart, dass sich die "tragische Weltsicht" als Disposition [im Sinne Foucaults] in wenigen, höheren Individuen erhalten hat, wenn Haller schreibt: "Das Verhängnis erfüllt sich unabänderlich: Das ist die tragische Weltsicht der Griechen. Dieser Mangel an Freiheit, der den Kampf der Achaier gegen die Troer auszeichnet, da sich letztlich doch immer ein Geschick vollzieht, stellt für den abendländischen Leser ein dauerndes Ärgernis dar, wenn er Homer liest: Er erwartet insgeheim immer Willensfreiheit und eine offene Zukunft - und wird immer wieder enttäuscht." In einem meiner nächsten Essays wird sich das so anhören: "Und wenn Ödipus seinen Vater nicht getötet hätte, dann hätte er auch nicht seine Mutter bestiegen. Er hätte, gesetzt es gibt einen "freien Willen", auch Nein sagen können zur Frau Mama. Und sich zu strafen, indem man sich blendet: Das ist doch schon etwas drastisch, nicht wahr? Er hätte von seinem "freien Willen" Gebrauch machen und sich etwas anderes suchen können, eine verträglichere Strafe vielleicht, zum Beispiel Arbeit in einer damaligen sozialen Einrichtung. Genau: hätten alle Beteiligten nur etwas "guten freien Willen" gehabt, dann wäre doch Ödipus nicht so eine Tragödie geworden: Es hätte ein Happy-End gegeben! Hollywood ist so alt wie die Erfindung des "freien Willens"." Abgerundet wird das Buch durch einige Balladen des Autors, der die Kunst des Verse-Schmiedens beherrscht wie heute kein zweiter; zum Teil bitterböse Moritaten schwärzesten Humors, zum Teil urkomische Lehrgedichte, immer mit einer Fülle geistreicher Anspielungen, die sich an den humanistisch gebildeten Leser richten, den es vermutlich schon lange nicht mehr gibt.

Martin Schwarzin

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Rezension zu "Abrechnungen eines alten Mannes"

„Bei aller durchweg ätzenden Kritik, die Herr Dr. Haller jedoch als notwendig und konstruktiv sieht, ist es erstaunlich und wunderbar, wenn ein Autor mit zweiundsiebzig Jahren so gebildet und leidenschaftlich schreibt wie in seiner kraftvollsten Zeit. Dieser Beweis musste erst erbracht werden.“

Aus einem Leserbrief

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Rezension zu "Englischsprachige Lyrik"

"Man weiß, was für ein schwieriges und delikates Unterfangen es ist, Gedichte aus einer anderen Sprache ins Deutsche zu übertragen. Die wörtliche Übersetzung zerstört die Poesi, vernichtet Reim und Rhythmus und läßt den zuvor so musikalisch wirkenden Inhalt des Gedichtes als banales Skelett zurück. Andererseits: Wird die Übertragung selbst wieder zu einem Kunstwerk voll lyrischer Poesie, so drohen sinnzerstörende Abweichungen vom Original. Das Unterfangen, Gedichte zu übertragen ist also eine Gratwanderung von eigener Art und Gefahr.

Meisterhaft gelungen ist diese Gratwanderung bei dem 2005 erschienenen Gedichtband von Friedrich Haller, der sich zugetraut hat, Lyrik von Shakespeare, Blake, Keats, Tennyson, Longfellow, Yeats, und Bly ins Deutsche zu übertragen. Und siehe: Dem Original wird nicht geschadet, und die Übertragung selbst wird zu einem reizvollen, gelungenen, dem Original in nichts nachstehendem Poem. Haller zeigt, wie sehr es auf Einfühlung und sprachliches Können ankommt, und er zeigt auch eins in aller Deutlichkeit: Der Übertragende muß selbst Lyriker sein, sonst mißlänge ein solches Unternehmen.

Ich möchte hier als Beispiel eine Gedichtstrophe von William Butler Yeats wiedergeben und dann die Übertragung Hallers:

And bending down beside the glowing bars,
Murmur, a little sadly, how love fled
And paced upon the mountains overhead
And hid his face amid a crowd of stars.

Und beugst du dich neben der Scheite Glut,
erzähl', leicht traurig, wie die Liebe floh,
stieg auf die Berge droben irgendwo
und unter Sternen ihr Gesicht vergrub.


Zweifellos, das ist Übertragungskunst. In dem Gedichtband sind übrigens und dankenswerterweise sowohl das englische Original wie auch die deutsche Übertragung synoptisch zusammen. Völlig zu Recht schreibt Idris Parry, eehemaliger Professor of Modern German Literature an der Universität von Manchester: "Perhaps these new translations by Friedrich Haller will exert their own influence on German poetry of this later and so different period."

Für Freunde von Lyrik und überhaupt der Literatur sei Hallers Buch bestens empfohlen!"

Rüdiger Schneider

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Kommentar zu den Werken von Friedrich Haller

"Immer wieder ein Hochgenuß Deine weisen Bücher zu lesen!"

Albert Oechslin, Zürich



Rezension zu "Wissenschaft und Staat in der westlichen Welt als Spätformen theologischen Irreseins"

"Ein wütender Angriff auf Staat und Gesellschaft des heutigen Westens. Radikal und schonungslos geht Haller gegen Werte und Doppelmoral des gegenwärtigen Abendlandes vor, deren Ursprung, aus Sicht des Autors, in weit zurückliegender Vergangenheit in der Etablierung des Christentums und dem verhängnisvollen Einfluss irrender Philosophen begründet liegen. Was mit Nietzsche beganng, wird hier nochmals auf den Punkt gebracht, erweitert und zugespitzt neu formuliert. Polemisch vorgetragen, ist diese Kritik ein Schlag in das Gesicht des Westens und bitteres Zeugnis einer tiefen Einsicht, die sich nicht vom populären Glauben an Wissenschaft und Fortschritt täuschen lässt. Die Liebe zum Menschen und zu seiner würdigen Existenz ist es schliesslich, welche Augen und Ohren öffnen soll - befreiend, gegen alle Scheinwelten und trügerischen Ideale des modernen Daseins."

Jörg Pein

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Sirko Bayer: Vorbei an Strohpuppen

Dezember 2011: Artikel zu Sirko Bayers "Vorbei an Strohpuppen" wurden nun auch in mehreren Zeitungen veröffentlicht!

Uelzener Anzeiger vom 20.11.2011

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Rezension zu "Bucklichter Dronte":

"Wer sollte ihn lesen, diesen "Bucklichten Dronte"? Wem könnte ich es anempfehlen, dieses etwas andere Lesebuch der Herausgeber Friedrich Haller, Dominik Dombrowski, Martin Schwarzin? Erste Hinweise liefern der geheimnisvolle Titel und die von ihm und seinem Untertitelkontext ausgelösten Assoziationen, Verwirrungen, Irrungen, Fragen, vor denen man resignieren kann, auf die man aber auch mit Neugier reagieren kann, sich um Antworten mühen kann.

Es ist ein Buch für Leser, die sich nicht entmutigen lassen, wenn Bezüge zu den eigenen Fragen, wenn Antworten, die sich im Buch finden lassen oder ausgelöst durch Hinweise im Buch nach gründlicher Recherche gefunden worden sind, eher weitere Fragen aufwerfen, den verwirrten Blick weiten, als zu gedanklicher Klarheit oder wenigstens voreiliger Scheingewissheit zu verhelfen. Es ist ein philosophisches Buch, weil es vorgibt - so das Vorwort - das Dasein mit seinen „Taschenspielertricks" verstehen und meistern zu helfen, es ist ein philosophisches Buch, insofern solche Aufklärung nicht über Antworten auf nicht gestellte Fragen erfolgt, sondern statt dessen zum Fragen angeregt wird, zu Zweifeln an sich selbst und der eigenen Aufgeklärtheit, zu Fragen an die Wirklichkeit, die platte, die künstlerische, die historisch-politische, von Generationen durchlebte, in der Gegenwart durchlittene, für die Zukunft befürchtete oder erhoffte.

Auslöser sind zunächst Fragen über Fragen an das Buch, etwa: Warum ist ein ausgestorbener Hügel- und schwanzloser Vogel, dazu - in der Vogelwelt bislang unbekannt - ein buckliger, Titelgeber? Was ist mit interantinational im Untertitel gemeint? Es heißt ja nicht international, auch nicht antinational, nicht einmal inter-antinational oder inter anti-national. Nein, das Lesebuch wird "interantinational" angeboten. Verbirgt sich hinter den Lesehilfen im Vorwort ein Versprechen oder eher eine Drohung. Die Ironie der Welt in ihren Entwicklungsstadien gegenüber, aber auch die der Buchkonzeption zugrunde liegende Selbstironie ist deutlich, wirft aber eher Fragen auf, statt Antworten in den Blick zu rücken - ganz konzeptionsstringent? Wer könnte sich für die Fülle an Beiträgen dieses Lesebuchs in ihrer in Auswahl (inhaltlich wie formal, textsortenbezogen) und Anordnung provokant verwirrenden Vielfalt interessieren, im Laufe einer anfangs zögerlichen, schmökernden Lektüre thematisches Interesse entwickeln? Individuelle Lebenssinnsucher in einer globalisierten Sinnkrise? An der Philosophie Nietzsches oder Stirners und den daraus ableitbaren gesellschaftlichen Analysen und Handlungsentwürfen Interessierte? Menschen mit Sehnsucht nach Orientierung über ein Manifest und dessen vielfältige Konkretisierungen politischer, künstlerischer, philosophischer Programmatik - zur persönlichen Absicherung auch ironisch gebrochen? Aktuelle Kulturpessimisten, die ihre Skepsis der deprimierenden Gegenwart gegenüber durch die Konfrontation von bissigen Kennzeichnungen solcher Gegenwart mit ästhetischer, literarischer, philosophischerWirklichkeitssicht historischer Überlieferung - durch ironische Zuspitzung verfeinert - genießen wollen? Liebhaber philosophischer oder philologischer Diskurse, sprachlichen Floretts, ästhetischen Genusses? Freunde gedanklicher Assoziationsakrobatik, die Vergnügen daran haben, auf der Suche verstehenden Nachvollziehens kreativer Reflexionen zwischen Entlehnungen aus unterschiedlichen Landessprachen, Kulturkreisen, Zeitaltern, zwischen Hinweisen aus Philosophie und Religion, Literatur und Kunst, Geschichte und Politik hin und her zu hetzen, immer in Gefahr, den Bezug zum roten Faden der Argumentation zu verlieren?

Klassische Hermeneutiker, die an aktuellen Texten die Notwendigkeit und für sich die Chance für einen vielfachen hermeneutischen Zirkel vermissen und hier eine ganz anders fundierte Möglichkeit hermeneutischer Erkenntnistätigkeit entdecken können? Oder doch nur ein Diskussionszirkel von Mitgliedern des Stirner- und Nietzsche-Kreises?

Die Antwort ist einfach und verbirgt sich im Untertitel. Ein Lesebuch ist für alle da, es enthält Vieles für Viele. Wer gedankliche Anregungen sucht oder braucht, wer von wissenschaftlicher Systematik gedanklich gelangweilt ist, wer sprachlich überrascht zu werden hofft, einen Steinbruch für kreative Orientierung sucht, wer sich bestätigt sehen will in seinem Ärger an der Welt, wer sich lustig machen will über den Ärger wird hier fündig. Wer sich ärgern will, aus Prinzip, aber auch, z.B. weil er oder sie nicht enträtseln kann, wie einige Beiträge Gnade vor den strengen Augen der Herausgeber finden konnten oder - in zeitgenössischer Diktion - warum die qualitative Heterogenität der ausgewählten Beiträge so ausgeprägt ist. Aber auch hier findet sich Hilfe im Buch; z.B. im "Manifest" wird nachvollziehbar: das Lesebuch ist auch in der Auswahl der Beiträge auf seine Programmatik abgestimmt."

Wolfgang Loebe

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